Die Konstruktionsmethoden Top-Down und Bottom-Up im 3D-CAD

Top-Down und Bottom-Up Konstruktionsmethoden erklärt.

„Viele Wege führen nach Rom!“

Diese Redewendung gilt auch für das Konstruieren von Baugruppen im CAD. Jeder behauptet dabei, dass seine Vorgehensweise die Beste ist. Es wird also Zeit, sich mit den Methoden einmal genauer auseinander zu setzen.

Die gängigsten Konstruktionsmethoden im 3D-CAD sind „Top-Down“ und „Bottom-Up“ oder eine Kombination aus beiden.

Ich stelle dir beide Vorgehensweisen vor, und gehe auf die Vor- und Nachteile ein. Zudem gebe ich dir konkrete Handlungsempfehlungen mit auf den Weg (nach Rom 🙂 ).

Am Ende des Artikels verstehst du den Unterschied der beiden Konstruktionsmethoden und bist in der Lage diese bewusst einzusetzen!

Bottom-Up: Die traditionelle Konstruktionsmethode

Die Methode „Bottom-Up“ (von unten nach oben) ist die traditionelle Vorgehensweise bei der CAD-Konstruktion. Dabei werden zuerst die einzelnen Bauteile separat erstellt. Anschließend werden die erstellten Bauteile in eine Baugruppe eingefügt, und mit Hilfe von Verknüpfungen zueinander positioniert.

Du baust die Baugruppe also von unten nach oben auf. Aus den einzelnen Bauteilen wird anschließend die Baugruppe zusammengesetzt.

Wichtig für das Verständnis ist dabei, dass die Bauteile „allein“ konstruiert sind. Alle im Bauteil enthaltenen Skizzen, Ebenen und Abhängigkeiten liegen nur in dem Bauteil vor und besitzen keine externen Referenzen.

Die Baugruppe passt am Ende also nur zusammen, wenn du die verschiedenen Bauteile auch so konstruiert hast, dass sie passen!

Erklärung der Konstruktionsmethode Bottom-Up
Die Konstruktionsmethode Bottom-Up

Die Vorteile der Bottom-Up Konstruktion

Die einzelnen erstellten Bauteile können in der Bottom-Up Methode wiederverwendet werden. Nimmst du eine Änderung an einem Bauteil vor, so ändern sich keine anderen Bauteile. Die Bauteile sind „eigenständig“ und ohne Referenzen konstruiert.

Die Methode ist zudem einfach umzusetzen. Der Aufbau der Baugruppe ist sehr gut nachzuvollziehen. Solltest du oder eine andere Person später eine Änderung vornehmen, so kann dies recht einfach geschehen.

Die Nachteile der Bottom-Up Konstruktion

Die „eigenständigen“ Bauteile sind allerdings auch nachteilig: Änderst du ein Bauteil, so passen sich die anderen Bauteile der Baugruppe nicht automatisch an! Du musst also wissen, welche anderen Bauteile von der Änderung betroffen sind, und diese dann entsprechend anpassen.

Bei einer großen Baugruppe kann das sehr unübersichtlich und zeitaufwändig sein. Und eine potentielle Fehlerquelle besteht auch, da die Baugruppe unter Umständen am Ende nicht mehr korrekt zusammenpasst.

Top-Down: Die unterschätzte Alternative

Bei der Konstruktionsmethode „Top-Down“ (von oben nach unten) werden die Größe, Form und Position der Bauteile innerhalb der Baugruppe konstruiert. Die Baugruppe wird aus einem Skelett (auch Layout oder Master genannt) erstellt und gesteuert.

Die in der Top-Down Konstruktion erzeugten Bauteile sind nicht unabhängig voneinander. Sie besitzen gemeinsame Referenzen und Abhängigkeiten.

Das ist der entscheidende Unterschied zur Bottom-Up Methode!

Die Konstruktionsmethode Top-Down ist schon lange bekannt, allerdings meiner Erfahrung nach (noch) nicht so weit verbreitet.

Alle modernen CAD-Systeme bieten in der Regel die Möglichkeit, auch mit dieser Methodik zu konstruieren. Die genaue Umsetzung im jeweiligen CAD-System ist allerdings von Programm zu Programm unterschiedlich.

Das Programm Fusion 360 wurde von Grund auf für die Top-Down Methodik konzipiert (Es kann aber auch Bottom-Up).

Erklärung der Konstruktionsmethode Top-Down
Die Konstruktionsmethode Top-Down

Die Vorteile der Top-Down Konstruktion

Der große Vorteil liegt darin, dass bei Konstruktionsänderungen an einem Bauteil, sich alle betreffenden Bauteile automatisch mit anpassen. Dadurch können Änderungen sehr schnell und mit geringem Aufwand durchgeführt werden.

Nach Konstruktionsänderungen kannst du dir relativ sicher sein, dass alle Bauteile auch noch zusammenpassen. Die Fehleranfälligkeit bei Änderungen ist bei der Top-Down Methode deutlich geringer.

Die Nachteile der Top-Down Konstruktion

Wenn du deine Baugruppe mit der Top-Down Methode aufbauen möchtest, musst du anfangs ein wenig mehr Zeit in den Aufbau des Skelettes stecken. Die erstellten Skizzen müssen stabil aufgebaut, und die Referenzen sorgfältig ausgewählt werden.

Es bedarf also schon einiger Erfahrung, um das Skelett aufzubauen, da der Modellaufbau im Vergleich zur Bottom-Up Methode etwas durchdachter erfolgen muss.

Handlungsempfehlungen

Jetzt solltest du die beiden Methoden unterscheiden können. Die folgenden Handlungsempfehlungen sollen dir helfen, die beiden Methoden zielgerichteter einzusetzen.

Aber denke daran: Es sind nur Handlungsempfehlungen. Daher solltest du auch immer wieder andere Wege zulassen und eigene Erfahrungen sammeln!

Verschiedene Varianten einer Baugruppe: Nutze Top-Down

Möchtest du deine Baugruppe in verschiedenen Varianten umsetzen, und dabei nur bestimmte Maße und Größen ändern bzw. die Baugruppe skalieren? Dann ist die Top-Down Methode zu empfehlen.

Über deine Skelettskizzen kannst du die unterschiedlichen Abmessungen steuern, und somit sehr schnell verschiedene Baugruppen erzeugen. Die Konstruktion muss dabei jedoch prinzipiell identisch bleiben, damit du diese auch über dein Skelett steuern kannst.

Die Bottom-Up Variante wäre hier deutlich zeitaufwändiger.

Viele Norm- und Standardbauteile: Nutze Bottom-Up

Besteht die Baugruppe aus vielen bereits vorhandenen Bauteilen, so ist die Bottom-Up Konstruktion aufgrund des geringen Zeitaufwandes die bessere Wahl. Die Baugruppe kann durch Zusammenfügen der einzelnen bereits fertigen Bauteile sehr schnell aufgebaut werden.

Entsprechende nicht vorhandene Bauteile müssen allerdings neu konstruiert werden. Somit kommt es bei der Wahl der Methode immer darauf an, wie viele Bauteile der Baugruppe neu konstruiert, und wie viele wiederverwendet werden können.

Möbelbau und Holzprojekte: Nutze Top-Down

Bei der Konstruktion eines Möbelstückes ist die Verwendung der Bottom-Up Methodik nicht praktikabel: Du müsstest jede Wand und jedes Brett als einzelnes Bauteil konstruieren, und dann in einer Baugruppe zusammenfügen. Möchtest du nun die Außenmaße ändern, so musst du alle Bauteile wieder „anfassen“ und ändern! Das ist zeitaufwändig und sehr fehleranfällig.

Die einzelnen Bauteile bei Holzprojekten sind zudem nicht komplex, sondern einfach zu konstruieren. Die Schwierigkeit liegt also in der Handhabung der Schnittstellen der Bauteile untereinander.

Mit Hilfe der Top-Down Modellierung kannst du die vielen Schnittstellen der Bauteile viel besser handhaben. Die Skelettskizzen bleiben zudem aufgrund der einfacheren Einzelbauteile übersichtlich.

Hier spielt die Top-Down Modellierung alle Vorteile super aus!

Nutze bei vielen einfachen Bauteilen, welche untereinander viele Schnittstellen besitzen, die Top-Down Modellierung.

Schweißkonstruktionen: Nutze Top-Down

Bei Schweißbaugruppen empfehle ich dir ebenfalls die Top-Down Variante. Die Begründung ist ähnlich zum vorangestellten Punkt. Gerade bei Blechbaugruppen handelt es sich um einfache Bauteile, welche aber untereinander durch viele Schnittstellen gekennzeichnet sind. Also super mit Top-Down umsetzbar.

Baugruppen aus wenigen, aber komplexen Einzelbauteilen: Nutze Bottom-Up

Besteht deine Baugruppe aus nur wenigen Bauteilen, welche allerdings sehr komplex sind, so kann die Bottom-Up Variante besser geeignet sein.

Durch die komplexeren Einzelbauteile wäre das Erstellen eines vernünftigen Skelettmodells für die Top-Down Modellierung sehr schwierig. Indem du die komplexen Bauteile einzeln konstruierst, bleiben die Modelle überschaubar. Aufgrund der wenigen Bauteile sind die Schnittstellen untereinander noch sehr gut händelbar.

In der Regel kommst du daher hier mit der Bottom-Up Variante einfacher zum Ziel.

Nutze bei wenigen komplexen Bauteilen die Bottom-Up Modellierung.

In den einzelnen Unterbaugruppen konsequent bleiben!

Ist deine Baugruppe sehr komplex und besteht aus vielen Unterbaugruppen, so macht es Sinn, auch beide Konstruktionsvarianten einzusetzen. Hier besteht aber die Gefahr, dass die Konstruktion sehr unübersichtlich wird.

Beim Einsatz beider Methoden solltest du einzelne Baugruppen auch nur mit einer Methode konstruieren. Sonst wird es später sehr schwer, das Modell bei Änderungen korrekt und effizient anzupassen. Eine fremde Person hat dann mitunter große Schwierigkeiten, sich in das Modell einzuarbeiten.

Zusammenfassung: Top-Down vs Bottom-Up

Beide Methoden haben ihre Berechtigung! Daher solltest du auch mit beiden Methoden arbeiten!

Ich bin kein Fan von dogmatischen Vorgehensweisen. Daher schadet es nicht, auch beide Varianten bei ähnlichen Projekten einmal einzusetzen. Das Ziel sollte immer sein, das Modell übersichtlich zu halten und auch spätere Änderungen möglich zu machen.

Also fange an, beide Konstruktionsmethoden bewusst einzusetzen. Deine Modelle werden dadurch automatisch übersichtlicher. Viel Spaß dabei!

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1 Kommentar

  • Hallo,
    zünächst bedanke ich mich bei Ihnen für die ausführlichen Informationen über die Vorgehensweisen.
    Ich hätte noch eine Frage,wahrscheinlich können Sie mir dabei helfen oder einen roten Faden geben.
    Ich bin gerade mit einem thema für meine Masterarbeit beschäftigt und zwar , BIM für Bestandsbauten,in der es eine Aufgabe gibt,die ich nicht verstehe und dafür keine relevanten Infos. gesammelt haben kann.
    Konstruktion/Modellierung von BIM-gerechter Bauteile in Brückenbauwerken

    Das wäre lieb,wenn Sie mir Ihre Meinung zu meiner Frage mitteilen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Farshid Abtahi

    Antworten

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